Link ->Spiegel testet forfour
Fahrzeuge mit mehr als drei Metern Länge floppten bislang beim Autohersteller Smart. Der Roadster (2003 bis 2005) wurde wegen Erfolglosigkeit ebenso rasch eingestellt wie der Viertürer (2004 bis 2006), ein für 2006 geplanter Mini-SUV namens Formore kam gar nicht erst auf die Straße. Jetzt wagen die Verantwortlichen einen weiteren Versuch: Der neue Smart Forfour, eine verlängerte Variante des ebenfalls neuen Zweisitzers Fortwo, wird seit Ende November vergangenen Jahres angeboten. Ein wendiger Kleinwagen mit fünf Türen, vier Sitzplätzen, Heckmotor, allerlei Designspielereien - und mit 3,49 Meter Länge.
Kann es diesmal gutgehen? Es muss. Smart braucht Stückzahlen, um im Geschäft mit den kleinen Autos und entsprechend kleinen Margen auf einen grünen Zweig zu kommen. Immerhin teilt sich die Daimler-Marke auch diesmal das Risiko. Während der erste Smart Forfour ein Klon des Mitsubishi Colt war, kooperieren die Schwaben diesmal mit Renault. Die Modelle Twingo und Forfour unterscheiden sich zwar optisch, sind aber technisch identisch. Beide werden im Renault-Werk im slowenischen Novo Mesto gebaut.
Steigt man in den Forfour ein, ist man erst mal irritiert. Der Fahrzeugboden liegt nämlich nicht - wie bei fast allen anderen Autos - tiefer als die Einstiegsleiste, sondern auf gleicher Höhe. Die Besonderheit ist konstruktionsbedingt und sozusagen eine Erbschaft vom Minimobil Fortwo: Im Unterboden unter den Vordersitzen ist nämlich der Tank positioniert oder, bei der 2016 folgenden Elektro-Version, die Batterie. Es gibt sonst nirgends Platz dafür, und der Forfour übernimmt diese Anordnung.
Eine wirklich smarte Raumausnutzung
Der Innenraum erfreut ansonsten mit einer fröhlich-originellen Atmosphäre. Der Bordcomputer inmitten des großen, halbrunden Cockpits wird über Lenkradtasten gesteuert und bietet gestochen scharfe Grafiken zum Fahrstil, zu den Fahrdaten und zum Verbrauch. Die Bedieneinheit für Klimaanlage und Gebläse ist übersichtlich und hübsch gestaltet, es gibt außerdem zwei Getränkehalter und eine Schublade in der Mittelkonsole für Kleinkram.
Was den Entwicklern wirklich gut gelang, ist der Kompromiss zwischen knappen Außenmaßen und größtmöglichem nutzbaren Innenraum. Vier Erwachsene können mit dem Forfour vielleicht nicht sonderlich bequem, aber rundum zumutbar unterwegs sein. Zwei Erwachsene und zwei Kinder sind gar kein Problem. Besser als bei vielen anderen Kleinwagen gelingt übrigens der Ein- und Ausstieg der Fondpassagiere, denn die hinteren Türen öffnen sich nahezu rechtwinklig.
Dazu kommt eine beachtliche Variabilität. Die Rücksitzlehnen können umgelegt werden, das Ladevolumen beträgt dann 975 Liter - beim VW Up sind es 951 Liter - weshalb Smart prahlt, das sei der "Bestwert im Segment". Wirklich smart sind die sogenannten "Readyspace"-Sitze im Fond. Mit einem Handgriff können die Sitzkissen umgedreht und zugleich um zwölf Zentimeter abgesenkt werden. Man könne dann, teilt Smart mit, beispielsweise eine ein Meter hohe Yucca-Palme im Fond transportieren.
Brauchbares Alltagsauto für die Ein-Kind-Familie
Wie man Sitze oder Lehnen auch dreht und wendet: Für die Kleinfamilie ist der Smart Forfour ein brauchbares Alltagsauto - sogar ein Kinderwagen passt rein, jedenfalls das Modell, mit dem wir es ausprobiert haben. Auf der Strecke geblieben ist jedoch die vernünftige Sicht nach hinten. Die breite C-Säule erzwingt in der Stadt Rechtsabbiegen im Kriechgang, und beim Einparken ist man trotz der sagenhaften Wendigkeit (Wendekreis von Mauer zu Mauer 8,95 Meter) froh über Parkpiepser (300 Euro) oder die Rückfahrkamera (345 Euro).
Während das Fahrwerk des Kleinwagens von Smart entwickelt wurde, stammen die Motoren von Renault. Es handelt sich durchweg um Dreizylinder-Benziner. Das Aggregat mit einem Liter Hubraum steht mit 61 und 71 PS Leistung zur Wahl und bei der stärksten Variante handelt es sich um einen 900-Kubik-Turbomotor mit 90 PS. Letzterer werkelte im Heck unseres Testwagens, akustisch stets präsent und mit munterem Auftritt. Auch das Fünfgang-Schaltgetriebe ist okay, man hat es hier ja nicht mit einem Langstreckenfahrzeug zu tun.
Kleines Auto, kleiner Verbrauch? Großer Irrtum
Mit diesem belebenden Mobil kurvten wir zehn Tage lang rund hundert Kilometer durch Hamburg und einmal raus ins Grüne. Ein Fahrprofil also, das einigermaßen typisch sein dürfte für den Smart Forfour. Der "eco score" des Bordcomputers, eine Art persönlicher Spritspartrainer, der das Fahrverhalten in den Kategorien "beschleunigen", "vorausschauend" und "schalten" bewertet, attestierte uns am Ende der Testfahrt einen Wert von "82 %". Anders gesagt: Nach Smart-Maßstäben waren wir offenbar ziemlich ökonomisch unterwegs.
Im Gegenzug erwarteten wir ein entsprechendes Verbrauchsresultat von dem Auto, dessen Durchschnittsverbrauch mit 4,3 Liter je 100 Kilometer angegeben wird (Stadtverbrauch: 5,1 Liter). Das war ein Irrglaube! Der Bordcomputer meldete 8,9 Liter Durchschnittsverbrauch, die eigene Rechnung mittels Tankbeleg ergab sogar knapp 11 Liter.
Ja, es war kalt. Ja, es waren meist Kurzstrecken. Und ja, die Start-Stopp-Automatik trat aufgrund der frostigen Temperaturen nur sehr selten in Aktion. Aber Moment mal: Ein Dreimeterfünfzig-Auto schluckt so viel wie eine gut eineinhalb Mal so schwere Viermeterachtzig-Limousine? Das ist ja wohl ein Witz. In dem Fall allerdings kein besonders guter.
Immerhin gibt es gegen Aufpreis einen größeren Tank
Spricht man Smart-Repräsentanten darauf an, hört man weder beherzte Verteidigungsreden noch stößt man auf massive Zweifel an derartigen Werten. Offenbar ist der Forfour - zumindest die Dreizylinder-Turboversion - als Schluckspecht bekannt. Wenn man das im Hinterkopf hat, ergibt auf einmal eine Sonderausstattung auf Seite 21 der Preisliste einen Sinn: Dort wird für 60 Euro ein 35 Liter fassender Tank angeboten. Serienmäßig fasst das Benzinreservoir des Forfour nämlich 28 Liter (davon 5 Liter Reserve). Immerhin: mit dem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe soll der Verbrauch etwas niedriger ausfallen.
Ob die massive Diskrepanz zwischen Norm- und Ist-Verbrauch am absurden Fahrzyklus liegt oder an einer technischen Unzulänglichkeit des Autos - sie hilft sicher nicht, das neue Drei-Meter-plus-Modell von Smart attraktiver zu machen. Der Rest des Autos hätte das durchaus verdient.