Ich fahre seit drei Jahren einen vollausgestatteten Passion mit Leder, belederteten Türen und Armaturenbrett, mit Navi, Servo usw., schwarz in schwarz, ein wunderschönes und jeden Tag aufs Neue hinreissend smartes Auto.
Den neuen habe ich schon bestellt, aber ich weiß nicht, ob ich die Bestellung aufrecht erhalten werde.
Ich bin den neuen gestern zur Probe gefahren und bin unschlüssig, was ich von ihm halten soll bzw. ich bin enttäuscht. Der neue ist erwachsener, aber dadurch auch biederer geworden. Der alte ist pfiffiger und in vieler Hinsicht origineller: vor allem ist er um entscheidende 20 cm kürzer und auch um einige cm weniger breit. Ich finde das sehr symbolisch: Smart trat ursprünglich als Innovator an; die Idee war, gegen den Trend zum immer größeren Auto ein Microauto zu bauen. In der Elektroindustrie und überall dort, wo brain zählt, wird der Produktfortschritt längst daran gemessen, daß das Produkt mehr leistet und zugleich kleiner wird. Ein Produktfortschritt bei Smart hätte mindestens eine Beibehaltung der Größe bedeutet; stattdessen schließt Smart sich dem Größenwachstum an, und heraus kommt ein Auto, das alle Nachteile eines Kleinstwagen weiterhin auf sich vereint (keine Knautschzone, 2-Sitzer, bauartbedingt geringerer Komfort), aber die Vorteile des bisherigen Formats droht zu verspielen (Partplatznischen überall, Originalität des Konzeptes).
Als normaler Kleinwagen jedenfalls ist der Smart chancenlos; sein Markt besteht gerade darin, ein unverschämt kleines und intelligentes Auto zu sein, das vollgepackt ist mit know-how - eben ein smart. Das galt jedenfalls für den alten.
Es gab auch eine Zeit, in der Smart den fortwo bewußt als Luxus- und Lifestyleprodukt vermarktete: vom Brabus bishin zu den Optionen in der Ausstattungsliste fehlte es an nichts zur totalen Indivdualisierung des Autos.
Doch der neue bietet selbst gegen Aufpreis Extras nicht, die im alten zu bekommen waren und heute in jeder Klasse selbstverständliche Komfortmerkmale sind: 1.) Es gibt kein festeingebautes Navigationssystem mehr und auch die Nachrüstmöglichkeiten sind aufgrund eines fehlenden Kabelbaums marginal; 2.) Es gibt keinen Tempomat mehr. Das Glasdach ist nun aus Kunststoff und das hört man auch spätestens beim ersten Regentropfen und sehnt sich nach der alten, stabilen Lösung.
Der Regen- und Lichtsensor ist ein riesiger auf die Windschutzscheibe aufgeklebter Klotz, der geschickt so plaziert ist, daß die Sicht auf jede nur denkbare Ampel vor der Kreuzung genommen wird.
Sicherheit? Im alten Smart war der Fußraum frei, im neuen habe ich vor mir ein riesiges, wuchtiges Armaturenbrett, das nicht schön ist, aber den Knie- und Fußraum bedrohlich beengt.
Warum das hintere Seitenfenster ausgespart wurde - man weiß es nicht. Der Übersichtlichkeit dient es nicht. Aber fehelende Übersichtlichkeit soll wohl dem Fahrer Größe seines Fahrzeugs suggerieren, doch gerade im Smart brauchen wir ein solches Größengefühl nicht.
Ich finde tatsächlich keinen der Produktfortschritte gegenüber dem Vorgänger als echten Fortschritt, so leid es mir tut, das sagen zu müssen.